Das Hagstedter Schützenfest
Das Hagstedter Schützenfest ist ein uraltes Fest. Wann es zum ersten Mal gefeiert wurde, ließ sich nicht mit Bestimmtheit feststellen. Bis zum Jahre 1806 lässt es sich sicher nachweisen, und darum ist dieses Jahr als das Gründungsjahr des Hagstedter Schützenvereins festgelegt.
Nach verschiedenen Überlieferungen und nach Meinungen alter Leute ist er aber schon viel
Älter. Ob nach 1806 das Schützenfest jedes Jahr gefeiert wurde, ist auch unbestimmt. In den Jahren 1812, 1813 (dem Gründungsjahr des Oldenburger Infanterie-Regiments) und 1815 ist es bestimmt gefeiert worden. In den Kriegsjahren 1864 bis 1870 wurde es nicht abgehalten, dagegen hören wir 1872 wieder von einem lebhaften Hagstedter Schützenfest. Von alters her wurde es am 29. Juni, dem Feste der Apostelfürsten Peter und Paul, gefeiert. Es war anfangs mehr ein Wanderschießen. Die Eingesessenen von Hagstedt gaben abwechseld den Platz dazu her.
Die Schützen versammelten sich jährlich am Tage des Schützenfestes beim Wirt Thole. Dort wurde ein Hauptmann gewählt und dann zum Schießplatze abgerückt. Mitgeführt wurden 4 Liter Schnaps und ein Krug (sogen. Dorfkrug) mit Bier auf einer Schiebkarre. Das kleine hölzerne Faß wurde auch wohl mit einem Riemen über die Schulter getragen. Dem Zuge voran spielte eine Handharmonika, die von kräftigen Gesang begleitet wurde. Zum Feste hatten anfangs nur die männlichen Einwohner von Hagstedt Zutritt. Um 1850 wurde beschlossen, auch die Damen hinzuzuziehen. Die Jungmannen taten sich zusammen, um die Dorfschönen herbeizuholen. Sie begaben sich jeder zu einer erwählten Jungfrau und versuchten, dieselbe für sich und das Schützenfest zu begeistern. Wurde er freundlich aufgenommen und mit einem Pfannkuchen bewirtet, so war das ein Zeichen, daß er auf die Begleitung durch die Holde hoffen durfte. Erhielt er keinen Pfannkuchen, so mußte er sein Glück anderswo versuchen. Oft artete die Pfannkuchen Zeit in Ulkerei und Pfannkuchenstehlerei aus.
Einst legte sich z. B. ein Jüngling vor das Hühnerloch und spekulierte, wann die Mutter am Pfannkuchenbacken war. Im unbewachten Augenblicke sprang er schnell hinein und holte sich die Beute. So konnte er in dem einen Jahr drei fette Pfannkuchen stehlen, bevor er dabei gefaßt wurde. Auf dem Hofe wurden diese gemeinschaftlich verzehrt. Der Schützenstand war in den ersten Jahren sehr primitiv. Als Unterlage für das Gewehr diente gewöhnlich ein Haufen Plaggen. Das Schießen erfolgte im Liegen. Die Scheibe stand frei. Hinter einen Heckenwall verkrochen sich die Anzeiger. Als Preise wurden kleine irdene Pfeifen, Mützen, Handstöcke usw. verteilt. Schluß war stets um 10 Uhr. Dann gab es keinen Alkohol mehr, worauf der Dorfwirt Thole ganz scharf achtete. Glaubte einer, sein Recht nicht bekommen zu haben und ihn quälte noch sehr der Durst, dann nützte alles Bitten nichts. Alkohol erhielt er keinen Tropfen mehr. Zuckerwasser und andere alkoholfreie Getränke wurden ihm gern gewährt. Nach dem Kriege 1870/71 wurde das Wiederaufleben des Festes durch den damaligen Visbeker Kaplan Schnieders stark bekämpft.
Eine Kommission wurde gewählt, um sich mit dem Kaplan in Verbindung zu setzen und das Fest hochzuhalten. Bald hob sich das Fest, es kamen auch immer mehr Auswärtige (1848 zum ersten Male). 1874 wurde zum ersten Male eine Fahne in graugelb mitgeführt, 1875 war der Schützenverein 75 Mann stark. 1876 gab es beim Ausrücken für jeden Mann eine irdene Pfeife von ½ Meter Länge. Der Tabak wurde von den Damen geliefert und auch in die Pfeife gestopft. Kaum aber hatte der so beglückte Schütze ein paar kräftige Züge getan, da flog der ganze Inhalt der Pfeife funkenspritzend in die Luft, denn wie heute, so galt es auch schon von den damaligen Hagstedter Damen, ´´die Schelm sitt er in´n Nack´´. Sie hatten heimlich ein Häufchen Pulver in den unteren Teil des Pfeifenkopfes gelegt. Wenn der Schütze nicht vor Schreck auf den Rücken gefallen war, so war seine schöne lange Pfeife aber bestimmt dem ´´Oha!´´ schreienden Munde entfallen und lag nun zerbrochen am Boden.
Soweit die langen Pfeifen von diesen Explosionskunststücken verschont geblieben waren, suchte man sie durch gegenseitiges Anrempeln, durch Draufschlagen mit der Hand oder mit einem Stöckchen bei den Vorsichtigen zu Bruch zu bringen. Bald sah man statt der stolzen langen Pfeifen nur noch kümmerliche Reste zwischen den Zähnen der Schützen, aber für köstliche Heiterkeit war gesorgt. Bis 1901 gab es außer einem Hauptmann keinen besonderen Vorstand. Auch werden bis dahin keine nennenswerten Änderungen und Neuigkeiten in das Hagstedter Schützenwesen eingeführt sein. Nach dem Kriege 1870/71 wurde manchmal am Tage vor dem Feste exerziert, damit die Schützen am folgenden Tage geordnet und eindrucksvoll zum Festplatze marschieren konnten. Dabei erklang zu den Tönen der Handharmonika das Lied ´´Ist es denn nun wirklich wahr?´´